Herrin der Lust by Eden Bradley

Autor:Eden Bradley [Bradley, Eden]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: neu3
veröffentlicht: 2011-09-18T22:00:00+00:00

Teil 2

Die Lustbestie zähmen

Marina und James

1

Shibari ist die alte Kunst des japanischen Bondage-Rituals. Aber Shibari bedeutet mehr, als jemanden zu fesseln, jemanden zu unterwerfen. Es ist wirklich eine Kunst.«

Marina Marchant konzentrierte sich auf die Gesichter der Zuhörer, die auf Metallklappstühlen vor dem großen Performancebereich des Pinnacle saßen. Die Workshops, die sie gab, waren immer gut besucht, und der heutige Abend bildete keine Ausnahme.

Er war die Ausnahme.

Er saß im hinteren Teil des Raums, sein Blick dunkel und forschend, seine Miene nachdenklich. Vermutlich eine Mischung aus Konzentration und innerem Kampf, dachte Marina für sich. Interessant …

Wieso konnte sie nicht aufhören, ihn zu analysieren?

Sie räusperte sich und fuhr fort. »Neben der visuellen Kunst beim Shibari geht es um die Kunst der Sensualität, um das, was im Kopf passiert. Shibari arbeitet mit Symbolik, die wir bis zu einem gewissen Level alle kennen. Und damit meine ich nicht bloß diejenigen unter uns, die auf BDSM stehen oder auf Extremsex. Die fraglichen psychologischen Symbole sind in westlichen und östlichen Kulturen ziemlich identisch. Was hat es beispielsweise für eine Bedeutung, hilflos jemandem ausgeliefert zu sein? Ursächlich geht es um das Bedürfnis, sich beherrschen zu lassen, ganz egal, welche Gründe dahinterstecken. Und diese Gründe sind kompliziert, komplex, individuell. Das macht die Erfahrung so faszinierend. Und für einige von uns unwiderstehlich reizvoll.«

Sie sah, wie er sich auf seinem Stuhl vorneigte, seine dunkel schimmernden Augen intensiv, und Marina beschlich spontan das Gefühl, beobachtet zu werden. Er schaute nicht bloß zu ihr hin, sondern taxierte sie sorgfältig. Als durchleuchtete er sie mit Röntgenblick. Sie fand das nicht wirklich unangenehm.

Nein, damit hatte sie kein Problem.

Zumal der Typ irre attraktiv war. Männlich markant. Gut über einen Meter achtzig, mit breiten Schultern zum Anlehnen. Die Tattoos auf seinen Armen, die sich unter den kurzen Ärmeln seines schlichten schwarzen Muskelshirts zeigten, muteten asiatisch an: Wolken, Wasser. Eine fantastisch gute Arbeit. Die Tattoos betonten bloß seine kräftigen Muckis. Außerdem mochte sie Tattoos bei einem Mann. Das hatte etwas Maskulines. Leicht Verruchtes.

Sexy.

Verlier nicht den Fokus. Konzentrier dich gefälligst.

Sie strich sich nervös eine lange mahagonirote Strähne aus der Stirn. Sie hatte diesen Workshop schon zigmal gegeben. Was zum Teufel war mit ihr los? Ihr Blick wanderte über die anderen Teilnehmer, eine gemischte Gruppe, Männer und Frauen unterschiedlichen Alters. Menschen, die völlig normal aussahen, aber ihre heimlichen Sehnsüchte hatten. Das gefiel Marina besonders an ihrem Job.

Ihr Blick stahl sich abermals zu ihm: Seine Augen klebten an ihr. Sie sah weg, trank einen Schluck Wasser, bevor sie fortfuhr.

»In den Köpfen der Mitspieler dreht sich alles um Powerplay. Psychologie. Egal wie es uns anturnt. Sex ist Psychologie. Was wir uns vorstellen, wie wir reagieren. Ich halte es für sehr wichtig, dass Sie Ihre sexuellen Wünsche erforschen, Ihre Reaktionen auf unterschiedliche Stimuli, auf das, was Sie wollen und warum sie es wollen. Das Ritual des Shibari führt für gewöhnlich dazu, dass Sie sich selbst besser kennen lernen, aber das passiert nur, wenn Sie sich die Zeit nehmen, mehr dahinter zu sehen als die reine Technik des Fesselns oder Gefesseltwerdens. Machen Sie das

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